Antibiotika gehören zu den wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin. Sie retten Leben – und sind bei bakteriellen Infektionen oft unverzichtbar. Doch ihr breites Wirkspektrum hat auch eine Kehrseite: Antibiotika greifen nicht nur krankmachende Erreger an, sondern auch die „guten“ Bakterien im Darm.
Was das für das Mikrobiom bedeutet – und wie man es gezielt unterstützen kann – wird aktuell intensiv erforscht.
Was macht Antibiotika mit dem Mikrobiom?
Im Darm leben rund 100 Billionen Mikroorganismen – gemeinsam bilden sie das sogenannte Mikrobiom. Es unterstützt nicht nur die Verdauung, sondern ist eng mit dem Immunsystem, dem Stoffwechsel und sogar der psychischen Gesundheit verknüpft.
Antibiotika wirken gegen Bakterien – unterscheiden dabei aber nicht zwischen „gut“ und „schlecht“. Studien zeigen:
Bereits eine einzelne Antibiotikatherapie kann die mikrobielle Vielfalt im Darm massiv reduzieren, teilweise um bis zu 90 % – je nach Substanzklasse. Besonders betroffen sind dabei Laktobazillen und Bifidobakterien, die eigentlich wichtige Aufgaben im Schutz vor Entzündungen, bei der Schleimhautpflege und der Immunmodulation übernehmen.
Was sind die Folgen?
Ein geschwächtes Mikrobiom kann sich in vielen Bereichen bemerkbar machen – manchmal direkt, manchmal erst Wochen später:
- Verdauungsprobleme wie Durchfall, Blähungen oder Reizdarm-ähnliche Beschwerden
- Pilzinfektionen (z. B. Candida), vor allem bei Frauen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder veränderte Immunreaktionen
- Geschwächte Schleimhautbarriere (Leaky Gut)
- Höhere Anfälligkeit für weitere Infektionen (z. B. Clostridium difficile bei älteren Menschen)
- Langfristige Veränderungen im Immunsystem, insbesondere bei häufiger Anwendung im Kindesalter
Eine große Studie aus Dänemark zeigte 2021, dass sich das Mikrobiom auch sechs Monate nach einer Breitbandantibiotikatherapie noch nicht vollständig erholt hatte – mit anhaltend reduzierter Diversität.
Warum können Probiotika helfen?
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die in ausreichender Menge zugeführt eine gesundheitliche Wirkung entfalten können – so die offizielle Definition der WHO.
Nach einer Antibiotikatherapie können sie auf mehreren Ebenen sinnvoll sein:
- Sie füllen mikrobiologische Lücken wieder auf (z. B. mit Laktobazillen, Bifidobakterien oder Sporenbildnern)
- Sie fördern die Wiederherstellung der mikrobiellen Diversität
- Einige Stämme wirken entzündungsregulierend und unterstützen die Darmschleimhaut
- Sie können das Risiko für Antibiotika-assoziierte Durchfälle nachweislich senken
- Bei Kindern, älteren Menschen und Personen mit Vorerkrankungen kann die Stabilisierung des Mikrobioms sogar präventiv wirken
Besonders gut untersucht sind u. a. die Stämme Lactobacillus rhamnosus GG, Saccharomyces boulardii und Bifidobacterium lactis BB-12® – sie wurden in verschiedenen Studien zur Prävention von Antibiotika-assoziiertem Durchfall und zur Rebalancierung des Mikrobioms eingesetzt.
Wann ist die Einnahme sinnvoll?
Empfohlen wird der Einsatz von Probiotika:
- Bereits während der Antibiotikagabe (mit zeitlichem Abstand von 2–3 Stunden zur Medikation)
- Und/oder in den Wochen danach – idealerweise über mindestens 4–6 Wochen, je nach Belastung
Wichtig ist, dass die gewählten Bakterienstämme antibiotikaresistent sind oder entsprechend dosiert werden – damit sie nicht durch die gleichzeitige Antibiotikagabe zerstört werden.
Mikrobiom-Regeneration als Teil der Therapie
Die moderne Forschung versteht das Mikrobiom heute nicht mehr als „Begleiterscheinung“, sondern als aktiven Therapiepartner.
Insbesondere nach medizinischen Eingriffen, Antibiotikagaben oder akuten Erkrankungen wird das Konzept der Mikrobiom-Rehabilitation zunehmend ernst genommen – vergleichbar mit einer gezielten Aufbaukur.
Diese sollte aus mehreren Komponenten bestehen:
- Mikrobiomfreundliche Ernährung (Ballaststoffe, fermentierte Lebensmittel, keine Zusatzstoffe)
- Ausgewählte Probiotika & Sporenbildner
- Nährstoffe zur Schleimhautregeneration (z. B. Biotin, Glutamin, Zink, Omega-3-Fettsäuren)
- Stressreduktion und ausreichend Schlaf
Die Regeneration kann mehrere Wochen dauern, je nach Ausgangssituation. Entscheidend ist, das Mikrobiom nicht nur „wieder zu füllen“, sondern in seiner Funktion zu stärken – für mehr Stabilität, weniger Reizungen und eine gesunde Immunantwort.
Fazit
Antibiotika retten Leben – aber sie hinterlassen Spuren im Mikrobiom.
Wer seine Darmflora nach einer Antibiotikatherapie gezielt unterstützt, kann nicht nur das Risiko für Nebenwirkungen senken, sondern langfristig die eigene Gesundheit stärken.
Probiotika sind dabei kein Allheilmittel – aber ein sinnvoller Bestandteil einer modernen, ganzheitlichen Regeneration.